Bronnzell wäre fast Grünberg geworden

Jeder Fußballer kennt sie oder hat zumindest schon von ihr gehört. Die Sportschule in Grünberg ist den Kickern in Hessen ein Begriff. Was aber nur die wenigsten wissen: Um ein Haar würde diese Sportschule heute nicht in Grünberg stehen, sondern wäre in Bronnzell entstanden.

Der Hessische Fußball-Verband, unter dem Vorsitz des damaligen Präsidenten Willy Linneberg, fällte 1951 auf dem Verbandstag in Griesheim den Beschluss, dass in der Mitte Hessens eine Art Verbandsheim (so nannte man das damals) gebaut werden sollte.

Was folgte war die Suche nach dem idealen Standort und Grundstück. In die engere Wahl kamen Bronnzell und Grünberg. In Bronnzell gab es in den kommenden Monaten die Überlegung, dafür das Areal des Bronnzeller Schwimmbads zu nutzen. Bronnzeller Schwimmbad, mögen sich einige jetzt fragen? Richtig: Denn in 1933 entstand in Bronnzell eines der modernsten Bäder der Region. Das „Rhönbad“ war das erste geflieste Bad der Umgebung und bekam sogar eine eigene Bahn-Haltestelle.

Knackpunkt Hochwassergebiet

Dieses Foto zeigt das muntere Treiben im Bronnzeller Rhönbad. Hier hätte die Sportschule, die heute in Grünberg steht, entstehen sollen.

Die Geschichte des Bads war aber nur kurz. Schon nach wenigen Jahren musste ob der Kriegswirren das Treiben im Freibad eingestellt werden und auch die Wiedereröffnung nach Kriegsende war nur von kurzer Dauer. „Einerseits erwischten die Betreiber einen ganz schlechten Sommer und dazu kamen damals wohl neue Sicherheitsstandards zum Tragen. Da das Becken in Bronnzell noch schräg abfiel, aber dies nicht mehr zugelassen war, entschloss man sich, das Gelände zu schließen“, erklärt Rüdiger Spiegel, der sich in Bronnzell schon seit vielen Jahren mit Hingabe um die verschiedensten Chroniken des Dorfes und der Vereine kümmert.

Just zu dieser Zeit wurden Mitte 1951 die Überlegungen des HFVin Sachen Sportschule bekannt und Bronnzell bewarb sich. „Bis zu 80.000 Quadratmeter Gelände wollte der Verband wohl damals kaufen. Das hätte bedeutet, dass sich die Sportschule fast bis nach Ziegel ausgebreitet hätte“, erklärt Spiegel.

Gescheitert sei das Vorhaben, eine Sportschule zu errichten, letztlich daran, dass die Gemarkung, für die das Projekt vorgesehen war, als Hochwassergebiet galt. Von daher nahmen die Verantwortlichen des Verbandes Abstand und entschieden sich letztlich für Grünberg. „Es ist sehr schwer, heute noch Zeitzeugen zu finden, die einem genauere Information über das Sportschulen-Vorhaben erzählen könnten. Man hört immer nur, dass es stimmt, dass Bronnzell sich um die Sportschule beworben hat“, so Spiegel.

Spiegel: „Wäre eine einmalige Bereicherung gewesen“

Ein historischer Zeitungsartikel über das Bronnzeller Schwimmbad.

Stattdessen begannen aber die Planungen die Grünberg. Dort wurden am 17. Juni 1953 die Verträge zum Bau der Sportschule unterschrieben. Eröffnet wurde in Grünberg schließlich ein Jahr später am 12. Juli 1954.

„Wir waren in den 1990er-Jahren mal mit der SGBronnzell zu Gast in der Sportschule Grünberg. Dort habe ich mir im Laufe der Tage selbst mal ein genaueres Bild über das Projekt machen können. Wenn das damals geklappt und Bronnzell womöglich den Zuschlag bekommen hätte, dann kann sich jeder vorstellen, wie viel besser der Ort heute dastehen würde. Das wäre eine einmalige Bereicherung gewesen“, so Spiegel.

Doch was ist eigentlich aus dem ehemaligen Rhönbad geworden? 1956 kaufte der Bronnzeller Geschäftsmann Robert Becker das Gelände vom Hamburger Reeder Mewes. Die „Becker-Werke“ stellten über Jahrzehnte unter anderem den beliebten Traubenzucker „Vitraletten“ her, arbeiteten seit den 1970er-Jahren mit dem Düsseldorfer Großkonzern „Teekanne“ zusammen, welcher die Firma im Jahr 2007 übernahm. Die Produktion lief so lange weiter, bis das Werk Ende September 2018 endgültig geschlossen wurde. Noch heute ist das Gelände in Privatbesitz der Familie Becker und auch das ehemalige Schwimmbad existiert heute noch. Es wird der Natur überlassen. Sogar der Fünf-Meter-Sprungturm aus Holz ist noch erhalten.

Quelle: https://www.torgranate.de
Foto/Repros (3): Charlie Rolff

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