Diese Meldung hat es in sich: Zwei echte Bronnzeller Urgesteine und „Eigengewächse“ aus der Jugendabteilung der SG Viktoria ziehen auf zu neuen Ufern. Die Brüder Roman und Marian Weber werden die SG Bronnzell im Sommer in Richtung SG Edelzell/Engelhelms (KOL Mitte) verlassen (Bericht Torgranate vom 19.03.2022). Wir haben mit Offensivtalent Marian Weber über seinen Abgang gesprochen, ein bisschen gemeinsam in Erinnerungen geschwelgt und geschaut, ob wir ihn nicht doch zum Bleiben überreden können.
SG Bronnzell, 20.03.2022
Hi Marian, wie geht es dir?
Mir geht es gut, danke! Die Vorbereitungen für die PlayOffs laufen seit knapp fünf Wochen auf Hochtouren. Das schlechte Wetter hat alles ein wenig schwieriger als nötig gemacht, aber der Coach schafft es trotzdem das Training abwechslungsreich zu gestalten, z. B. mit Ausweichen auf den Kunstrasenplatz, Einheiten im Fitnessstudio und Co. Dinge wie Teamtage und die Testspiele der letzten Wochen sind außerdem ideal, um wieder in den Wettbewerbsmodus zu kommen und Neuerungen im Spielsystem unter realen Bedingungen einzustudieren.
Und wie geht es die mit der Verkündung deines Abgangs im Sommer?
Um ehrlich zu sein war das eine große Gefühlsachterbahn und die Verkündung liegt mir noch ein bisschen im Magen. Ich habe mir die Entscheidung alles andere als leicht gemacht – schließlich spiele ich seit den Bambini in Bronnzell und habe alle Höhen und Tiefen meiner bisherigen Laufbahn als Fußballer hier erlebt. Ich habe mit den Verantwortlichen auch einige lange und schwere Gespräche geführt und mir war klar, dass ich für diese Entscheidung keinen Beifall ernten werde. Rückblickend bin ich froh wie es gelaufen ist – Team, Trainer und Verantwortliche haben meine Entscheidung gefasst aufgenommen, aber sehr verständnisvoll reagiert. Das habe ich mir erhofft und bin mir bewusst, dass das auch ganz anders ablaufen kann.
Wie kommt es, dass es dich als Bronnzeller Urgestein in die Ferne zieht? Gerade jetzt, wo es so gut läuft?
Sportlich läuft es aktuell sehr gut, das stimmt. Ich fühle mich im Verein und mit dem Team auch nach wie vor sehr wohl, mein Wechsel hat vor allem persönliche Gründe. Ich bin inzwischen 27 Jahre alt und möchte gerne noch mal die Chance nutzen um neue Erfahrungen zu sammeln, bevor ich die Fußballschuhe irgendwann an den Nagel hänge. Nach meinem Wechsel muss ich mich in einer fremden Umgebung ganz neu beweisen und dazu meiner Komfortzone verlassen. Ich erwarte mir von diesem Schritt ganz neu gefordert zu werden und bin mir sicher, dass mich dies nicht nur als Spieler, sondern auch und in meiner persönlichen Entwicklung voranbringen wird. Aktuell konzentriere ich mich aber voll und ganz auf die anstehende Rückrunde und die Play-offs für die Verbandsliga. Ich fühle mich gut und denke, für uns ist alles drin.
Was sind die Gründe deines Bruders Roman für seinen Wechsel?
Die Überlegung zu wechseln war natürlich ein Thema, dass uns beide sehr beschäftigt hat. Als Brüder und Fußballer ist es dann ja klar, dass man sich dazu auch austauscht. Die Entscheidung hat jedoch jeder ganz individuell für sich selbst getroffen. Ich möchte jetzt nicht für meinen Bruder sprechen aber weiß, dass die Beweggründe bei ihm nicht exakt die gleichen waren wie bei mir. Neben sportlichen und menschlichen Entwicklungschancen, erhofft er sich vor allem wieder mehr Spielzeit. Er saß zuletzt häufig auf der Bank und möchte eben so häufig wie es geht auf dem Platz stehen, um aktiv Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen zu können. Da er in der aktuellen Situation nicht damit rechnet, dass sich dies in der kommenden Saison ändern wird, hat er nun seine Chance gesehen, einen Neustart zu wagen . Auch ihm ist die Entscheidung zu wechseln aber alles andere als leicht gefallen.
Und wie ging es dir damit – ist die Entscheidung zu wechseln leicht gefallen?
Nein, ganz und gar nicht! Wie bereits gesagt, hat mein ganzes fußballerisches Leben bisher in Bronnzell stattgefunden und die Entscheidung zu wechseln hat mich einige schlaflose Nächte gekostet. Ich habe dem Verein viel zu verdanken, zum Beispiel was die erstklassige Jugendarbeit angeht und bin ja auch familiär mit dem Verein verbunden. Mein Vater Joe war von den Bambini bis zu den A-Junioren mein Trainer und mein Onkel Thies ist sportlicher Leiter. Ein großer Teil meines Freundeskreises besteht aus aktuellen und ehemaligen Teamkollegen, mit denen ich sportlich wie persönlich viel erlebt habe – das schweißt zusammen! Und auch ansonsten finde ich es in Bronnzell nach all den Jahren immer noch toll – die Leute, die Atmosphäre an Spieltagen in der Heppeau, der Zusammenhalt und dass man immer ein offenes Ohr findet. All das werde ich mit Sicherheit vermissen, bin aber trotzdem überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben und freue mich auch auf die neue Herausforderung.
Apropos viel erlebt: was sind denn so deine persönlichen Highlights, wenn du an fast 25 Jahre und deine vielen Einsätze für Bronnzell zurück denkst?
Wahnsinn, 25 Jahre, wo soll ich da anfangen? Spontan fällt mir da natürlich meine Zeit in der B-Jugend ein. Wir konnten eine souveräne Gruppenliga-Meisterschaft feiern und haben es in die Aufstiegs-Relegation geschafft. Dort mussten wir gegen Rot-Weiss Frankfurt ran. Das Hinspiel haben wir mit 6:4 verloren und konnten das Ergebnis im Rückspiel mit 5:2 vor heimischer Kulisse drehen – die Freude war unglaublich! Mein Vater war damals unser Trainer und nach dem Spiel haben wir mit Co-Trainer Dirk Balzer und der gesamten Mannschaft bei uns daheim in der Kellerbar gefeiert. In der Saison danach konnten wir uns als kleiner Dorfverein gegen Mannschaften wie Darmstadt 98 und Wehen-Wiesbaden durchsetzen und sind als Aufsteiger Hessenmeister geworden. Die Relegation gegen Kaiserslautern haben wir zwar nicht geschafft, aber mit knapp 3.500 Zuschauern in der Heppeau hatten wir beim Relegations-Heimspiel das Gefühl, die ganze Stadt Fulda steht hinter uns!
In der Saison danach konnten wir uns als kleiner Dorfverein gegen Mannschaften wie Darmstadt 98 und Wehen-Wiesbaden durchsetzen und sind als Aufsteiger Hessenmeister geworden.
Marian Weber über die Hessenmeisterschaft der B-Junioren von SG Bronnzell in der Saison 2011/2012
Was die Mentalität im Verein angeht kommt mir die Debütsaison von Coach Stefan Dresel 2015/16 in den Sinn. Wir sind ohne große Titelambitionen in die Gruppenligasaison gestartet und haben es in die Relegation zur Verbandsliga geschafft. Nach einem 3:0 gegen Bad Wildungen mussten wir in den Hexenkessel zu Bosporus Kassel, wo wir uns leider nicht durchsetzen konnten. Zurück in Bronnzell wurden wir trotzdem wie Champions empfangen – mit Laola-Welle, Bengalos und allem drum und dran. Trotz der bitteren Niederlage war dies eine der besten Feiern, die ich in Bronnzell je erlebt habe.
Und wenn es um mich persönlich geht, denke ich da zuerst an ein Derby gegen Johannesberg. Am Sportplatz war Oktoberfest und dementsprechend volles Haus. Wir haben 1:2 hinten gelegen und ich musste bis zur 75. Minute auf der Bank sitzen. In der Nachspielzeit konnten wir das Spiel durch zwei Treffer von mir drehen. Der erste davon mit Assist von unserem Keeper Johannes Ihrig. Das war ein super Tag!
Von der Vergangenheit in die Zukunft: Was ist dein Plan für die verbleibende Zeit in Bronnzell?
Ganz klar: Eiterfeld abfangen, versuchen alle Spiele positiv zu gestalten und möglichst viele Siege einzufahren. Das wird bestimmt nicht einfach, aber die Qualität im Kader ist vorhanden und die Mannschaft gut drauf. Es wäre ein perfekter Abschied für mich, mit meinen Teamkollegen den Aufstieg zu feiern. Bis dahin spielt mein Wechsel gedanklich keine Rolle. Ich bin im Hier und Jetzt bei meinem Herzensverein und gebe Alles, damit wir als Team Erfolg haben.
Und mit der Chance auf die Verbandsliga kann man dich nicht zum Bleiben bewegen?
Wie schon gesagt, habe ich mir das wirklich gut überlegt und die Entscheidung nicht vom Zaun gebrochen. Der SG Edelzell/Engelhelms habe ich außerdem schon zugesagt und stehe zu meinem Wort, ich finde das gehört sich so. Insofern ist mein Abgang im Sommer sicher.
Hast du zum Abschluss unseres Gesprächs noch etwas, dass du loswerden möchtest?
Für Worte des Abschieds ist es definitiv noch zu früh, das können wir vielleicht im Juni angehen. Bis dahin wünsche ich mir, dass wir als Mannschaft in der Rückrunde unser Können abrufen, um den Aufstieg zu schaffen! Und nach all den Schwierigkeiten durch Corona in den letzten beiden Spielzeiten hoffe ich, dass mit den Lockerungen auf und um den Platz wieder Normalität einkehrt und ich die geile Kulisse in der Heppeau noch mal in vollen Zügen genießen kann.